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Die Weinheimer Zeitung WNOZ schreibt am 16.10.2023 (online https://www.wnoz.de/nachrichten/bergstrasse/vom-gerichtssaal-ins-rampenlicht-eva-loesche-zeigt-kuenstlerische-seite-255671.html) und am 17.10.2023 (in Papierform):

In ihrem Atelier badet Richterin Eva Lösche in ihren Farben, wie sie es selbst ausdrückt.


Weinhheim/Wald-Michelbach

Vom Gerichtssaal ins Atelier: Eva Lösche zeigt ihre künstlerische Seite

Eva Lösche, Strafrichterin und Direktorin am Weinheimer Amtsgericht, ist bekannt für ihren Gerechtigkeitssinn. Doch hinter der Fassade der Juristin verbirgt sich eine leidenschaftliche Künstlerin, die sich nach Jahren der Zurückhaltung endlich dazu entschlossen hat, ihre Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren. Ihre Kunst, geprägt von einem seltenen neurologischen Phänomen, bietet einen faszinierenden Einblick in die Welt ihrer Farben und Gefühle.


Als Strafrichterin macht man sich nur wenige Freunde, dafür aber jede Menge Feinde. Viele Juristen meiden die Öffentlichkeit. Auch noch im Rampenlicht zu stehen: Das ist für die meisten undenkbar. Eva Lösche, Direktorin am Weinheimer Amtsgericht, stellt hier keine Ausnahme dar. Zumindest bislang: Denn die Künstlerin in ihr gibt es bereits viel länger als die Richterin. Ihre unzähligen Werke endlich Ausstellungsluft schnuppern zu lassen, das ist ein Drang, dem Lösche nach Jahren der Zurückhaltung nicht länger widerstehen kann. Beim Besuch unserer Redaktion erzählt die Richterin, warum sie sich ausgerechnet nach der wohl strapaziösesten Zeit ihrer Karriere zu diesem Schritt entschlossen hat und welche Rolle ihre Synästhesie bei dieser Entscheidung spielt.

„Sie sehen, es steht etwas voll hier. Das hat mit der Ausstellung zu tun", sagt die Richterin, als sie in ihr Haus hineinführt. An jeder Wand hängen knallige Malereien und Collagen. Ein strenger Blick aus einem kubistisch angehauchten Männergesicht verfolgt einen auf dem Gang. Schon verliert sich das eigene Auge in einem Werk, das nur ein paar Schritte entfernt hängt. Einem abstrakten Wasserfall aus Rot und Blau mit einer kleinen, gelben Fußnote an der linken unteren Ecke des Hochformats. Die drei Farben bilden die absolute Dominanz in den Arbeiten von Eva Lösche. Einer Frau, für die die Farben viel mehr sind, als bunte Masse. Die Richterin nimmt ihre Außenwelt und inneren Gefühle in großen Teilen mit ihnen wahr. "Was mit mir los ist, habe ich erst mit Anfang 20 herausgefunden, als ich auf einen Artikel zu dem Thema gestoßen bin."

Nummern werden zu Farben

Die besondere Form der Sinneswahrnehmung wird Synästhesie genannt. Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet "mitempfinden" oder "zugleich wahrnehmen". Von Synästhesie ist die Rede, wenn Sinne mehr als nur den dafür vorgesehenen Bereich im Gehirn anregen. Dann lösen Töne beispielsweise Geschmäcker aus, Gerüche fühlen sich etwa rau oder weich an. In Eva Lösches Fall bekommen Zahlen und Buchstaben eine Farbe - und umgekehrt. Bei ihr werden eine Zahlenkombination oder ein Wort zur Farbpalette: "Deswegen vergesse ich auch selten etwas, kann mir Nummern auch nach Monaten noch merken."

Eine phänomenale Wahrnehmung

Synästhesie bezeichnet eine Variante der Kognition, basierend auf einer neuronalen Gehirnstruktur, bei der verschiedene Gehirnareale auf besondere Art und Weise miteinander in Verbindung stehen, erklärt die Deutsche Synästhesie-Gesellschaft.
Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet "mitempfinden" oder "zugleich wahrnehmen".
Synästhesie ist keine Krankheit, sondern eine physiologische Variante menschlichen Bewusstseins.
Nach Angaben der AOK sollen mindestens vier Prozent der Bevölkerung Synästhesie aufweisen.
Das bedeutet, dass sie Sinne gekoppelt wahrnehmen: Die jeweiligen Reize auch Hirnregionen aktivieren, die nicht für den jeweiligen Sinn vorgesehen sind.
Dann wird beim Sehen beispielsweise der Geschmackssinn aktiv (Farben bekommen einen Geschmack) oder beim Hören der Tastsinn (Musiknoten bekommen eine Beschaffenheit). gab

Was verbindet sie mit Rot, Blau und Gelb, den Farben, die ihre künstlerischen Arbeiten so prägen? Die Richterin muss überlegen: "Rot ist für mich eine Fünf oder ein E, Blau ist das A und die Vier, Gelb ist die Drei und hat unterschiedliche Buchstaben. Das changiert ein wenig mit dem Farbton. Gelbbeige, das ich viel benutze, ist für mich zum Beispiel ein V." Zusammen lässt sich daraus Eva bilden, fällt der Künstlerin auf und sie lacht: "Gut, das kann jetzt auch Zufall sein!"


Nicht nur Sinne bekommen bei Lösche eine Farbe. Auch Gefühle drückt sie mit ihnen aus. Der Richteralltag, er ist geprägt von dunklen Tönen: "Ich blicke oft in menschliche Abgründe, erlebe viel Leid. Man geht professionell damit um, aber vieles belastet natürlich. Wenn zum Beispiel eine Gruppe den Staat ablehnt und der Staat plötzlich mein Gesicht hat", erzählt sie mit Blick auf die Prozesse während der Corona-Pandemie.
Der herausragendste und zugleich strapaziöseste war die Verhandlung um eine Weinheimer Ärztin im Januar, der vorgeworfen wurde, mehr als 4000 falsche Maskenatteste ausgestellt zu haben. Der Prozess wurde vom lautstarken und teils aggressionsgeladenen Protest sogenannter "Corona-Kritiker" begleitet. Auch die Medizinerin selbst erklärte sich als ausgesprochene "Masken-Gegnerin". Der Hass gegen Staat und Gesetzgebung vieler Einzelner kanalisierte sich und traf geballt auf die Richterin. "Ich stand acht Wochen unter Polizeischutz, selbst an der Supermarktkasse war mir gedroht worden", erzählt die Direktorin des Amtsgerichts heute. Und doch war es kurz nach dieser Zeit, als Lösche sich dazu entschied, mit ihrer Kunst an die Öffentlichkeit zu gehen.


Den Kontrast zu den dunklen Gefühlen stellt bei der Richterin seit jeher das Spiel mit zumeist warmen Farbtönen dar. Sie führt in ihr Atelier: "Hier bade ich in den Farben", erklärt sie. Dort experimentiert sie mit Material, Umwelt und Technik. Dann kommen eher ungewöhnliche Utensilien zum Einsatz wie Plastikfolien oder die Gummilippe eines Bauhaus-Spachtels. "Die Dinge entwickeln sich von alleine, sobald man aufhört, über sie nachzudenken", findet sie. Immer wieder produziert Lösche Chaos, um es dann in einer Ordnung einzufangen. Triebe, Wünsche, Emotionen - das seien die wilden Aspekte des Menschen. Erziehung, Selbstfindung, Sozialisation - sie stellen die Struktur dar.

Chaos bekommt Struktur

Dieser Gegensatz lässt sich in vielen ihrer Bilder wiederfinden. Die abstrakte Acrylarbeit "Wasserfall" zum Beispiel scheint auf den ersten Blick eine wilde Vermengung von lang und kurz gezogenem, verwischtem und vermischtem Weiß, Blau und Rot zu sein, die immer wieder vom Gelb durchtrennt werden. Die Andeutung einer Geometrie verleiht diesem vermeintlichen Wirrwarr jedoch einen ordnenden Rahmen. Und der Rahmen wiederum trägt eine Abfolge eben dieser zunächst so wild scheinenden Farbmischung.
Die zweite große Konstante in ihrem künstlerischen Schaffen sind die Gemälde mit starker kubistischer Note. Die Ölpastelle "People 2" (Leute zwei) reduziert eine Reihe von Frauen (oder womöglich auch Männern) auf geometrische Figuren. Ein androgynes Weltbild findet sich in vielen ihrer Arbeiten. Mit der wiederkehrenden Figur Lola will sie dieses auf die nächste Ebene ihres künstlerischen Schaffens heben. Mal sitzend, mal von der Seite - aber nie von vorne - ist die augenscheinlich weibliche Gestalt zu sehen. In einem ihrer künftigen Werke soll sich das ändern: Mit der Ansicht von Lolas Vorderseite wird mit dem vermeintlichen Frauengeschlecht aufgeräumt.
"Mein Job ist meine Berufung und das Malen meine Leidenschaft", sagt Eva Lösche über sich. Gegensätze gehören zum Menschen. Sie ziehen sich, wie man so schön sagt, an. Und so ist es vielleicht gar nicht so gegensätzlich, dass die Richterin sich ausgerechnet um jene Zeit, in der die Öffentlichkeit sich für sie als so bedrohlich aufplusterte, dazu entschied, sich in deren Rampenlicht stürzen. Als bestünde es aus den Farben in ihrem Atelier, in denen sie so gerne badet.


Eva Lösche zeigt ihre gesammelten Werke zum ersten Mal in ihrer Ausstellung "People 'n Stuff" im Rathaus Wald-Michelbach. Vom 12. November bis zum 31. März werden die Werke die Etagen der Verwaltung zieren. Zugänglich sind sie während der Öffnungszeiten. Eine Vernissage mit musikalischer Begleitung von Thaddäa Hauck findet am 12. November um 15 Uhr statt.

von Gabriel Schwab
16.10.2023
Fotos: Fritz Kopetzki

Die Weinheimer Zeitung WNOZ schreibt am 16.10.2023 (online https://www.wnoz.de/nachrichten/bergstrasse/vom-gerichtssaal-ins-rampenlicht-eva-loesche-zeigt-kuenstlerische-seite-255671.html) und am 17.10.2023 (in Papierform):

In ihrem Atelier badet Richterin Eva Lösche in ihren Farben, wie sie es selbst ausdrückt.


Weinhheim/Wald-Michelbach

Vom Gerichtssaal ins Atelier: Eva Lösche zeigt ihre künstlerische Seite

Eva Lösche, Strafrichterin und Direktorin am Weinheimer Amtsgericht, ist bekannt für ihren Gerechtigkeitssinn. Doch hinter der Fassade der Juristin verbirgt sich eine leidenschaftliche Künstlerin, die sich nach Jahren der Zurückhaltung endlich dazu entschlossen hat, ihre Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren. Ihre Kunst, geprägt von einem seltenen neurologischen Phänomen, bietet einen faszinierenden Einblick in die Welt ihrer Farben und Gefühle.


Als Strafrichterin macht man sich nur wenige Freunde, dafür aber jede Menge Feinde. Viele Juristen meiden die Öffentlichkeit. Auch noch im Rampenlicht zu stehen: Das ist für die meisten undenkbar. Eva Lösche, Direktorin am Weinheimer Amtsgericht, stellt hier keine Ausnahme dar. Zumindest bislang: Denn die Künstlerin in ihr gibt es bereits viel länger als die Richterin. Ihre unzähligen Werke endlich Ausstellungsluft schnuppern zu lassen, das ist ein Drang, dem Lösche nach Jahren der Zurückhaltung nicht länger widerstehen kann. Beim Besuch unserer Redaktion erzählt die Richterin, warum sie sich ausgerechnet nach der wohl strapaziösesten Zeit ihrer Karriere zu diesem Schritt entschlossen hat und welche Rolle ihre Synästhesie bei dieser Entscheidung spielt.

„Sie sehen, es steht etwas voll hier. Das hat mit der Ausstellung zu tun", sagt die Richterin, als sie in ihr Haus hineinführt. An jeder Wand hängen knallige Malereien und Collagen. Ein strenger Blick aus einem kubistisch angehauchten Männergesicht verfolgt einen auf dem Gang. Schon verliert sich das eigene Auge in einem Werk, das nur ein paar Schritte entfernt hängt. Einem abstrakten Wasserfall aus Rot und Blau mit einer kleinen, gelben Fußnote an der linken unteren Ecke des Hochformats. Die drei Farben bilden die absolute Dominanz in den Arbeiten von Eva Lösche. Einer Frau, für die die Farben viel mehr sind, als bunte Masse. Die Richterin nimmt ihre Außenwelt und inneren Gefühle in großen Teilen mit ihnen wahr. "Was mit mir los ist, habe ich erst mit Anfang 20 herausgefunden, als ich auf einen Artikel zu dem Thema gestoßen bin."

Nummern werden zu Farben

Die besondere Form der Sinneswahrnehmung wird Synästhesie genannt. Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet "mitempfinden" oder "zugleich wahrnehmen". Von Synästhesie ist die Rede, wenn Sinne mehr als nur den dafür vorgesehenen Bereich im Gehirn anregen. Dann lösen Töne beispielsweise Geschmäcker aus, Gerüche fühlen sich etwa rau oder weich an. In Eva Lösches Fall bekommen Zahlen und Buchstaben eine Farbe - und umgekehrt. Bei ihr werden eine Zahlenkombination oder ein Wort zur Farbpalette: "Deswegen vergesse ich auch selten etwas, kann mir Nummern auch nach Monaten noch merken."

Eine phänomenale Wahrnehmung

Synästhesie bezeichnet eine Variante der Kognition, basierend auf einer neuronalen Gehirnstruktur, bei der verschiedene Gehirnareale auf besondere Art und Weise miteinander in Verbindung stehen, erklärt die Deutsche Synästhesie-Gesellschaft.
Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet "mitempfinden" oder "zugleich wahrnehmen".
Synästhesie ist keine Krankheit, sondern eine physiologische Variante menschlichen Bewusstseins.
Nach Angaben der AOK sollen mindestens vier Prozent der Bevölkerung Synästhesie aufweisen.
Das bedeutet, dass sie Sinne gekoppelt wahrnehmen: Die jeweiligen Reize auch Hirnregionen aktivieren, die nicht für den jeweiligen Sinn vorgesehen sind.
Dann wird beim Sehen beispielsweise der Geschmackssinn aktiv (Farben bekommen einen Geschmack) oder beim Hören der Tastsinn (Musiknoten bekommen eine Beschaffenheit). gab

Was verbindet sie mit Rot, Blau und Gelb, den Farben, die ihre künstlerischen Arbeiten so prägen? Die Richterin muss überlegen: "Rot ist für mich eine Fünf oder ein E, Blau ist das A und die Vier, Gelb ist die Drei und hat unterschiedliche Buchstaben. Das changiert ein wenig mit dem Farbton. Gelbbeige, das ich viel benutze, ist für mich zum Beispiel ein V." Zusammen lässt sich daraus Eva bilden, fällt der Künstlerin auf und sie lacht: "Gut, das kann jetzt auch Zufall sein!"


Nicht nur Sinne bekommen bei Lösche eine Farbe. Auch Gefühle drückt sie mit ihnen aus. Der Richteralltag, er ist geprägt von dunklen Tönen: "Ich blicke oft in menschliche Abgründe, erlebe viel Leid. Man geht professionell damit um, aber vieles belastet natürlich. Wenn zum Beispiel eine Gruppe den Staat ablehnt und der Staat plötzlich mein Gesicht hat", erzählt sie mit Blick auf die Prozesse während der Corona-Pandemie.
Der herausragendste und zugleich strapaziöseste war die Verhandlung um eine Weinheimer Ärztin im Januar, der vorgeworfen wurde, mehr als 4000 falsche Maskenatteste ausgestellt zu haben. Der Prozess wurde vom lautstarken und teils aggressionsgeladenen Protest sogenannter "Corona-Kritiker" begleitet. Auch die Medizinerin selbst erklärte sich als ausgesprochene "Masken-Gegnerin". Der Hass gegen Staat und Gesetzgebung vieler Einzelner kanalisierte sich und traf geballt auf die Richterin. "Ich stand acht Wochen unter Polizeischutz, selbst an der Supermarktkasse war mir gedroht worden", erzählt die Direktorin des Amtsgerichts heute. Und doch war es kurz nach dieser Zeit, als Lösche sich dazu entschied, mit ihrer Kunst an die Öffentlichkeit zu gehen.

WNOZ vom 18.11.2024 print und online


Warum jetzt alle Weinheimer ein Stück vom Amtsgericht abbekommen sollen

Alle zahlen, aber die wenigsten sehen es von innen: das Weinheimer Amtsgericht. Direktorin Eva Lösche möchte das nun ändern.




von Gabriel Schwab
18.09.2024


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Foto: Marco Schilling
Direktorin Eva Lösche will das Amtsgericht für Kunst und Kultur öffnen. Nach erfolgreichen Testläufen soll die gemeinsame Ausstellung mit Künstler Tigran Grigoryan den Anfang dieser neuen Ära einläuten.
Wenn unbescholtene Bürger das erste Mal einen Gerichtssaal von innen sehen, prallen meist Welten aufeinander. Denn die große Allgemeinheit hat in ihrem Leben eher wenig mit der Justiz am Hut. Die Direktorin des Weinheimer Amtsgerichts, Eva Lösche, möchte, dass sich das ändert. Sie will das Gebäude für Kunst, Kultur und gesellschaftliche Diskurse öffnen. Dass die Veranstaltung, die hierfür den Start markieren wird, den Namen „Zwei Welten“ trägt, ist aus mehreren Gründen passend.
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Erfolgreiche Testläufe

„Der Bürger hat das Gebäude bezahlt und erhält es mit seinen Steuergeldern. Aber außerhalb der öffentlichen Prozesse hat das Gebäude für Weinheimer keine Funktion“, erklärt die Direktorin im Gespräch mit unserer Zeitung. Seit Kurzem gibt es hier Bewegung. Bereits beim diesjährigen Tag der „Offenen Ateliers“ öffnete das Amtsgericht als einer von 13 Veranstaltungsorten seine Pforten. Das insgesamt erfolgreiche Format lockte nach Angaben der Direktorin allein ins Amtsgericht 1300 Besucher. Vergangene Woche fanden nun auch Lesungen des Literaturfestivals in den Hallen der Justiz statt. Neben der „Lady of Crimeheim“, Ingrid Noll, gaben sich etwa Michael Kobr und Saskia Berwein die Ehre.
Foto: Marco Schilling
Achtung, Verwechslungsgefahr: Auch wenn Ingrid Reidel auf dem Richterstuhl sitzt, handelt es sich bei ihr um eine Schriftstellerin. Veranstaltungen wie Lesungen sollen nun öfter im Amtsgericht stattfinden.
Nach diesen erfolgreichen Schlaglichtern plant Eva Lösche nun etwas Beständigeres. Kunst und Kultur sollen nicht nur zu Besuch im Amtsgericht vorbeischauen, sondern bleiben.

Autodidaktin und gelernter Profi

Unter dem Titel „Zwei Welten“ werden Newcomerin Lösche und der armenischstämmige Profi-Künstler Tigran Grigoryan mit einer gemeinsamen Ausstellung ihrer Werke den Anfang machen. Die Vernissage, bei der unter anderem Oberbürgermeister Manuel Just sprechen wird, findet am Sonntagvormittag des 20. Oktober um 11 Uhr statt. Die Federführung hat der Kunstförderverein Weinheim, der sich auch künftig darum kümmern wird, dass Ausstellungen das Amtsgericht beleben.
Foto: Marco Schilling
Tigran Grigoryan und Eva Lösche verbindet der Hang zum Farbenfrohen. Im Hintergrund ist ein Werk Lösches zu sehen: Es beinhaltet die wiederkehrende mysteriöse Figur „Lola“.
Ziel ist, dass interessierte Weinheimer grundsätzlich zu den Öffnungszeiten des Amtsgerichts in den Treppenhäusern und Fluren Kunst erleben können. Aber auch weitere Formate sind in Planung. Nicht alles ist spruchreif. Doch Eva Lösche verrät jetzt schon, dass sie sich auch gut vorstellen kann, Podiumsdiskussionen im Gericht abzuhalten. Bei der Moderation solcher Veranstaltungen hat sie bereits Erfahrung.

Es hat sofort gefunkt

Doch zurück zur Auftakt-Ausstellung von Lösche und Grigoryan. Die beiden haben sich im Rahmen der „Offenen Ateliers“ 2024 kennengelernt – und es hat sofort gefunkt. Trotz des Titels „Zwei Welten“ gibt es doch so einiges, das die beiden Künstler verbindet. „Die Farbenfröhlichkeit zum Beispiel“, sagt Grigoryan, der die Kunstakademie in der armenischen Hauptstadt Jerewan als Meisterschüler absolvierte. Das Spiel mit den Farben nimmt im Schaffen beider Künstler eine große Rolle ein. Grigoryan malt mit ihnen ein Stück Heimat in seine Bilder, die warmen Töne transportieren das südliche Klima Armeniens.
Foto: Tigran Grigoryan
Tigran Grigoryan widmet sich zeitgenössischen Themen in seinen Werken.
Eva Lösche taucht mit ihren Farben in eine ganz eigene Sinnwelt. Die Richterin nimmt ihre Außenwelt und inneren Gefühle in großen Teilen mit ihnen wahr. Die besondere Form dieser Sinneswahrnehmung wird Synästhesie genannt. Von ihr ist die Rede, wenn Sinne mehr als nur den dafür vorgesehenen Bereich im Gehirn anregen. Dann lösen Töne beispielsweise Geschmäcker aus, Gerüche fühlen sich etwa rau oder weich an.
Foto: Fritz Kopetzky
Eva Lösche in ihrem Atelier: Die Autodidaktik taucht beim Spiel mit den Farben in eine ganz eigene Sinnwelt ein.
Autodidaktin Lösche arbeitet sehr intuitiv, lässt Farben und Formen insbesondere bei ihren abstrakten Werken aus sich heraussprudeln. Auf die Leinwand werden sie oftmals unkonventionell gebracht: Utensilien wie Plastikfolien oder die Gummilippe eines Bauhaus-Spachtels kommen zum Einsatz.

"Ich stehe nie vor einer leeren Leinwand"

Beim studierten Künstler Grigoryan sieht das etwas anders aus. Er arbeitet mit konkreten Vorstellungen. Wenn ihn ein zeitgenössisches Thema packt, die Rolle und der Umgang mit dem Smartphone in unserer Gesellschaft beispielsweise, lässt es ihn nicht mehr so schnell los. „Ich bekomme immer mal wieder die Frage: ‚Tigran, was denkst du, wenn du vor der leeren Leinwand stehst?‘ Ich sage dann immer: ‚Ich stehe nie vor einer leeren Leinwand.‘“
Foto: Thomas Rittelmann
Das denkmalgeschützte Gebäude des Amtsgerichts ist nicht nur von außen ein Hingucker.
Der Künstler ist technisch so versiert, dass ihm sein Hang zum Detail manchmal zum Verhängnis wird. Seine Werke sind mitunter so realistisch, dass sie für Fotografien gehalten werden. Etwas, das man als Kompliment verstehen könnte, das Grigoryan aber gar nicht so gefällt. „Ich muss mich beim Malen oft bremsen“, sagt er. Manchmal tritt er also noch einmal einen Schritt zurück von der Leinwand und entledigt sich mancher Details. „Ich könnte schon so malen, dass es wie ein Foto aussieht. Aber das ist nicht, was mich interessiert. Dafür gibt es doch tolle Kameras“, so Grigoryan.
Foto: Tigran Grigoryan
Ein Hahnenkampf wird zur biblischen Erzählung - im Mittelpunkt der Apfel.
Bei so viel Vielfalt entdecken Besucher mit Sicherheit noch mehr als „Zwei Welten“. Besonders spannend wird es, wenn zwischen Gegenpolen Brücken geschlagen werden. Wie bei der Justiz und der Kunst, die in Weinheim künftig Hand in Hand gehen sollen.
Die Vernissage zur Ausstellung „Zwei Welten“ von Eva Lösche und Tigran Grigoryan findet am 20. Oktober um 11 Uhr im Weinheimer Amtsgericht statt.

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